Festival of Falconry 2009

Am Ende unseres Familienwandertages  bei Bratwurst und Bier kam die Diskussion auf das zweite Festival of Falconry in England. Ich brachte die Information von der Ordensratssitzung in Fulda mit und es keimte  in einigen von uns der Wunsch zur Teilnahme an diesem großen Ereignis.Nachdem einige Monate ins Land gegangen waren, und jeder für sich die Ernsthaftigkeit dieser Wünsche geprüft und mit familiären, beruflichen und sonstigen anderweitigen Anforderungen in Übereinstimmung gebracht hatte, stellte sich heraus, dass 5 Mitglieder des Landesverbands Thüringen nach England reisen werden nämlich  Sarah Müller,  Joachim Müller, Joachim Reinhardt, Felix Ehrich und Olaf Ehrich. Die organisatorischen Probleme waren relativ zügig geklärt, und ein entsprechender Billigflieger wurde gebucht. Beim  Transport der DFO-Materialien für das Ausstellungszelt, welche durch Kurt Hussong organisiert wurden, konnten unsere größeren Gepäckstücke, wie Zelt, Schlafsack etc. kostengünstig mitreisen. Joachim Müller kümmerte  sich um die  Anmietung eines „Kleinwagens“ und übernahm zugleich die Verpflichtung, sich mit dem Rechtsverkehr in England vertraut zu machen. Am Freitag, dem 10.07.09, wurde nun die ganze Sache ernst. Wir starteten, nachdem Joachim Müller uns allesamt in seinem Transporter zum Flughafen nach Altenburg chauffiert hatte, bei regnerischem und kaltem Wetter mit Ryanair, um zu fortgeschrittener Nachtstunde in England - London-Stansted einzutreffen. Nach Verlassen des Flughafens fiel unserem falknerisch geschulten Blick als erstes eine riesige Population von Kaninchen auf, die auf dem Flughafengelände und den angrenzenden Parkplätzen ihre Heimat hatte. Nach etwas längerer Diskussion am Auto-Vermieter-Stand kamen wir in den Genuss unseres „Kleinwagens“, der sich als ausgewachsene schwarze Limousine eines hochpreisigen Herstellers aus Deutschland entpuppte. Ab ging die Reise Richtung Englefield, was ca. 150 bis 200 km entfernt vom  Flughafen  liegt. Nach ersten Schrecken und Beinahe-Herzstillständen  im englischen Rechtsverkehr kamen wir auch weit nach Mitternacht an. Leider war die Security noch vorhanden und dienstbereit, so dass es kompliziert war, auf das Areal des Festivals zu kommen. Da aber unsere Schlafsäcke, Zelte usw. zum großen Teil im DFO-Zelt  vermutet wurden, mussten wir auf halblegalem Wege das Areal dann doch kapern. Inzwischen waren die frühen Morgenstunden angebrochen, und wir haben übereinstimmend festgestellt, dass der Aufbau der Zelte nicht sehr lohnend erscheint, weil am Morgen dieser Platz von uns wieder hätte geräumt werden müssen. So rollten wir uns kurzentschlossen im Beizvogelzelt in unsere Schlafsäcke, um nach kurzer intensiver Ruhepause am kommenden Morgen die entsprechenden Formalien für Aufenthalt,  Eintritt und Zelt zu erledigen und dann unsere Zelte auf dem dafür vorgesehenen Platz  aufschlagen zu können. Dann ging es an die Besichtigung des Festivals. Es war eine überwältigende Kulisse, die sich uns bot. Vor dem Hintergrund eines hochherrschaftlichen englischen Schlosses war die gesamte parkähnliche Fläche von einigen Hektar von der Familie des Schlosses bereitgestellt worden. Das ganze Areal hatte daher sehr weitläufige Ausmaße. Es war so organisiert, dass für jede Nation, 47 waren laut offizieller Lesart anwesend, ein Zelt bereitgestellt wurde, in dem dann die jeweilige Nation die Präsentation ihrer heimatliche Falknerei aufgebaut hat. Jede Nation reiste in ihrem traditionellen Jagd-Outfit und mit ihren traditionellen Equipment an. So nimmt es nicht Wunder, dass auch die Verpflegung der Teilnehmer auf traditionelle Art und Weise geschah. Was uns im französischen und belgischen Bereich durchaus noch bekannt vorkam, war bei den asiatischen Falknern für uns eher gewöhnungsbedürftig. Als ich in den Topf eines Chinesen hineinschaute, musste ich feststellen, dass aus dem Topf mehr Augen heraus- als hineinsahen. Des Weiteren waren eine ganze Reihe von Anbietern mit Falknerei-Equipment sowie auch mit Kunstartikeln zur Falknerei  anwesend. Man hatte also die Möglichkeit, sich einen Überblick über die weltweit führenden Hersteller von Falknereiartikeln zu verschaffen.  Die Zelte mit Falknerei-Kunstobjekten und Gemälden, Skulpturen usw. waren  immer sehr gut besucht, wenn sich allerdings auch die Preise in Regionen bewegten, die eher für Leute vorgesehen waren, die das Geld wiegen und nicht zählen müssen. Auf dem Areal des Festivals befand sich  ein Cricket-Stadion, das reichlich genutzt wurde, für die Darbietungen der einzelnen Nationen. Unter anderem konnte man Ballon-Training für Falken verfolgen und  verschiedenste Flugtrainingsarten sehen. Desweiteren brachten sowohl die Araber als auch viele andere Nationen traditionelle Tänze ihrer Heimat zum Vortrag, so dass für eine kurzweilige Unterhaltung über den gesamten Zeitraum gesorgt war. Besonders erwähnenswert sind unsere Falknerfreunde aus Österreich. Sie haben mit einem immensen Aufwand eine exzellente Darbietung ihres Verbandes demonstriert. Sie waren angereist mit Pferden und Kutschen, Falknern zu Pferde und  Jagdhornbläsergruppen. Unbedingt hervorzuheben ist das Engagement von Abu Dhabi. Die Delegation aus Abu Dhabi hat einen eigenen Bereich des Festivals gestaltet, wo neben dem  Leben der Falkner auch vom Leben der Landbevölkerung in Abu Dhabi durch Nachbau eines Beduinenlagers u. ä. beredtes Zeugnis abgelegt wurde. Hier waren auch alle namhaften Vertreter des Landes anwesend, u. a. Tourismusverband, Botschaft etc. Es darf auch nicht vergessen werden, dass es nur durch die  finanzielle Unterstützung  von Abu Dhabi  gelungen war, viele Falkner aus Nationen nach Englefield zu bringen, die aus der eigenen  Tasche weder die Anreise noch die Teilnahme mit Unterkunft usw. hätten finanzieren können. Hintergrund dieses Engagements der arabischen Welt ist hierbei sicherlich auch das Bestreben, die Falknerei als immaterielles Weltkulturerbe bei der UNESCO anerkennen zu lassen. Dies hat für uns selbstverständlich ebenfalls eine ganz eminente Bedeutung, weil damit die internationale Anerkennung der Falknerei verbunden wäre und den Anfeindungen aus einigen Rand- und Splittergruppen damit wirksam entgegen getreten werden könnte. Die Hochkarätigkeit dieses Festivals wurde auch dadurch unterstrichen, dass 16 Vertreter  der UNESCO vor Ort waren, um sich durch eigene Anwesenheit ihren Kenntnisstand über Falknerei zu verbessern. Selbstverständlich waren auch die Vertreter aller wichtigen internationalen Falknerei- und Jagdvereinigungen wie CIC, IAF usw. anwesend. Der erste Tag wurde abgerundet durch die „Parade der Nationen“, die am Nachmittag stattfand. Dort waren alle Nationen aufgerufen, auf diesem bereits erwähnten Cricket-Platz in ihrer traditionellen Jagdkleidung mit ihren Vögeln und ihrer Landesflagge aufzumarschieren, um vor der Kulisse des Schlosses ein imposantes Bild der Kraft und der Einigkeit der internationalen Falknerei  darzustellen. Die Parade der Nationen war ein wesentlicher Höhepunkt diese Festivals und mir wurde die Ehre zu Teil, die Deutsche Flagge beim Einmarsch der Deutschen Falkner voranzutragen. Dazu muss bemerkt werden, dass der Landesverband Thüringen bei der Teilnahme am Festival mit seinen 5 Vertretern der am stärksten vertretene Landesverband des DFO gewesen ist.  Für unseren relativ kleinen Verband eine beachtliche Leistung. Der Abend klang dann an verschiedenen Lagerfeuern mit intensiven Gesprächen über Falknerei und andere Sachen aus, wobei erstaunlich erscheint, wie gut doch die Englisch-Kenntnisse unserer Mitglieder sich darstellten. Wir waren anfänglich von einer eher mittleren Qualität unseres Schulenglisch ausgegangen, aber mit fortschreitendem Abend und auch mit fortschreitendem Genuss entsprechender geistiger Getränke wurde unser Englisch immer besser und die Verständigung immer intensiver. Die Übernachtung erfolgte in den mitgebrachten und nunmehr aufgebauten Zelten. Leider ergoss sich ein schweres Gewitter in der Nacht, mit dem Ergebnis, dass sich die beiden Herren Ehrich am nächsten Morgen von ihrem Zelt, was sie lange Zeit begleitet hatte, verabschiedeten. Das Zelt war durch den Regen so in Mitleidenschaft gezogen worden, dass das Ablaufen des Wassers aus dem Zelt in der Nacht nur noch durch das beherzte Aufschneiden des Zeltfußbodens erreicht wurde. Der zweite Tag war sonnig und ziemlich wolkenfrei. An diesem Sonntag kam auch ein hoher Anteil von Nichtfachleuten aus dem englischen Umland zum Festival und verfolgte interessiert die Darbietungen auf dem zentralen Platz des Festivals. Unter anderem wurde dem Falknerfestival auch königlicher Besuch zu Teil, am Sonntag besuchte Prinz Andrew das Festival of Falconry. In der Bildergalerie findet Ihr ein Foto, das trotz herber Hinweise seiner Security von unserem Mitglied Felix Ehrich geschossen werden konnte. Der Sonntag war wieder geprägt von den Darbietungen der verschiedenen Nationen auf dem zentralen Platz und klang am Nachmittag wieder mit der Parade der Nationen aus. Leider drängten die Mitglieder der anderen Landesverbände bereits auf eine Abreise am Sonntag, so dass für uns das Problem entstand, dass unsere Schlafsäcke dem Transporter von Kurt Hussong bereits wieder mitgegeben werden mussten, da sie ja als Handgepäck im Billigflieger nicht eingeplant bzw. gebucht worden waren. Insofern stellte sich die letzte Übernachtung wegen der Entsorgung des Zeltes und des Rücktransports unserer Schlafsäcke etwas kompliziert für uns dar. Pragmatisch, wie wir Thüringer Falkner nun einmal sind, umschifften wir dieses winzige Problem, indem wir bis in die frühen Morgenstunden die Zelte vieler anderer Falkner aus Europa und anderen fernen Ländern aufsuchten, dort mit Speis und Trank in ausreichender Menge bewirtet wurden und uns so die letzte Nacht nicht lang wurde. Da wir übereingekommen waren, den Rückflug für den Montagabend zu buchen, beschlossen wir, der Hauptstadt London noch einen Besuch abzustatten. Wir fuhren also mit unserem „Kleinwagen“ direkt nach London, parkten mitten in der City am „London-Eye“ und unternahmen eine mehrstündige Sightseeing-Tour im Geschwindmarsch. Am Nachmittag wurde das Auto zurückgegeben und der Rückflug angetreten. Abschließend kann ich sagen, dass es für mich und sicher auch für alle anderen Teilnehmer ein unvergessliches Ereignis war, an diesem Festival teilgenommen zu haben. Interessant waren die Kontakte mit Falknern aus aller Herren Länder, wie auch der Einblick in die Entwicklung von Falknereiequipment  usw. Wir haben beschlossen, in 2 Jahren, so es möglich ist, am nächsten Festival of Falconry wieder teilzunehmen. Dazu muss allerdings erwähnt werden, dass der  Austragungsort des dann dritten Festivals noch nicht feststeht. Es wurde bekannt, dass es an diesem Ort in Englefield nicht mehr durchgeführt werden kann, weil selbst dieses weiträumige Areal  nicht mehr ausreicht, die vielen Besucher und Aussteller zu beherbergen, so dass nach einer Alternative gesucht wird. Sollte die nächste Veranstaltung nicht genau auf der anderen Seite des Globus stattfinden, werden wir  sicherlich, möglicher Weise auch mit einem oder anderen Teilnehmer mehr aus Thüringen dort vertreten sein. Da wir beim Festival drei versierte Fotografen unter uns hatten, kam der Gedanke auf, im Rahmen unserer Verbandsbeize am 30. Und 31. Oktober 2009 am Grünen Abend einen kurzen Vortrag über das Festival zu halten, wobei dort der Schwerpunkt auf die Darbietung der  Fotos gelegt werden soll. Hier sind zum Teil spektakuläre Aufnahmen von Falknern verschiedenster Nationen und ihren Vögeln gelungen, die sicher auch von allgemeinem Interesse sein dürften.

 

Falknersheil

Olaf Ehrich

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